Sonstige Rechtsgebiete

Zurück

Forum: Sonstige Rechtsgebiete

26.02.2004
Insolvenzrecht - Präzisierte Regeln zur Insolvenzanfechtung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02 - entschieden, dass derjenige, der einen säumigen Schuldner durch die Drohung mit einem Insolvenzverfahren zur Zahlung veranlaßt, Gefahr läuft, das Geld später wieder zurückgeben zu müssen. Wenn später tatsächlich ein Insolvenzverfahren eingeleitet würde, könne die Zahlung als "inkongruente Deckung" anzusehen sein und angefochten werden.

Eine Innungskrankenkasse hatte wegen ausstehender Sozialversicherungsbeiträge einem Unternehmen mehrfach damit gedroht, Insolvenzantrag zu stellen. Die GmbH hatte daraufhin immer wieder gezahlt. Als es schließlich wirklich zu einem Insolvenzverfahren kam, forderte der Insolvenzverwalter die Beträge in Höhe von ca. 35.000,00 € von der Kasse zurück.

Noch vor dem Oberlandesgericht Celle war der Insolvenzverwalter mit seiner Klage in vollem Umfang unterlegen. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil abgeändert und das Verfahren an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Der Bundesgerichtshof führt dazu aus, dass ein Insolvenzverfahren dazu dient, die Gläubiger aus dem Vermögen des Schuldners gleichmäßig zu befriedigen. Frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, diene daher dem gesetzlichen Ziel der Gläubigergleichbehandlung. Dem laufe es aber zuwider, den Antrag zur Durchsetzung von Ansprüchen eines einzelnen Gläubigers zu benutzen.

Zahlungen, die daraufhin geleistet würden, sollten dem Gläubiger nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht auf diesem Wege zukommen und seien deshalb inkongruent. Dies gilt nach Meinung des Senats auch, wenn der Insolvenzantrag lediglich angedroht wird. Eine die Inkongruenz begründende Drucksituation entstehe jedenfalls dann, wenn der Hinweis auf ein mögliches Insolvenzverfahren gezielt als Mittel der persönlichen Anspruchsdurchsetzung verwandt werde. Die Zahlungen, die kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Innungskrankenkasse geflossen seien, seien daher anfechtbar und müßten zurückgezahlt werden.

Hinsichtlich der weiter zurückliegenden Beiträge muß das Oberlandesgericht nach Zurückverweisung u. a. prüfen, ob das Unternehmen gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO im Zeitpunkt der vorangegangenen Leistungen zahlungsunfähig war oder ob der Kasse bekannt war, dass durch die Zahlungen die übrigen Gläubiger benachteiligt wurden.

Der BGH hat hervorgehoben, dass die Inkongruenz der Leistungen ein Zeichen dafür sein kann, dass der begünstigte Gläubiger von der Benachteiligung der anderen wußte.

 
Ansprechpartner: 
Rechtsanwalt Hans-Benno Schrick, Hamm