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05.02.2002
Aktienrecht - Nachträgliche Änderung eines privatschriftlichen Protokolls der Hauptversammlung der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft

Die Hauptversammlung der nicht börsennotierten AG hat stattgefunden. Das Protokoll ist erstellt und pflichtgemäß nebst Anlagen zum Handelsregister eingereicht worden. Erst danach stellt sich heraus, dass sich Protokollierungsfehler eingeschlichen haben. Was ist zu tun?

Über § 44 a BeurkG ist die nachträgliche Berichtigung und Ergänzung von Hauptversammlungsprotokollen bei börsennotierten Aktiengesellschaften gesetzlich geregelt. Für die nicht börsennotierten Aktiengesellschaften fehlt eine vergleichbare gesetzliche Regelung.

1.) börsennotierte Aktiengesellschaft

Gemäß § 130 Abs. 1 AktG sind die Niederschriften über Sitzungen der Hauptversammlung einer börsennotierten Aktiengesellschaft durch den Notar zu protokollieren und Beschlüsse der Hauptversammlung zu beurkunden. Dasselbe gilt für das Verlangen einer Minderheit gem. § 120 Abs. 1 Satz 2 AktG sowie nach §§ 137, 147 Abs. 1 AktG. Bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften gilt dies nur für Beschlüsse, die nach dem Gesetz eine Mehrheit von mindestens drei viertel der Stimmen erfordern.

Gemäß § 44 a Abs. 2 BeurkG hat der Notar bei der börsennotierten Aktiengesellschaft auch nach Abschluss der Aufnahme einer Niederschrift über die Hauptversammlung, und zwar auch dann, wenn die Niederschrift schon dem Registergericht eingereicht worden ist, die Möglichkeit, eine Änderung oder Berichtigung in der Weise vorzunehmen, dass eine besondere Niederschrift mit Änderungen oder Berichtigungen aufgenommen wird, wenn der Notar die Notwendigkeit von Änderungen oder Berichtigungen erkennt. Solche Änderungen sind jedoch nur dann zulässig, wenn "offensichtliche Unrichtigkeiten" berichtigt werden sollen. Solche "offensichtlichen Unrichtigkeiten" sind gegeben, wenn Fehler bestehen oder Auslassungen in der Niederschrift erkennbar sind, wobei der Mangel ohne weiteres aus dem Zusammenhang der Urkunde erkannt werden muß.

Einigkeit besteht darüber, dass der Rechtsbegriff "offensichtliche Unrichtigkeiten" nicht eng auszulegen ist.

2.) nicht börsennotierte Aktiengesellschaft

Bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften erfolgt die Unterzeichnung des Protokolls der Sitzung der Hauptversammlung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, vgl. § 130 Abs. 1 Satz 3 AktG. Gemäß § 130 Abs. 5 AktG ist auch das vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichnete Protokoll durch den Vorstand unverzüglich zum Handelsregister einzureichen.

Eine Übersendung des Protokolls an das Handelsregister erfolgt somit in der Regel innerhalb weniger Tage nach Erstellung. Aus dem Einflußbereich der Aktiengesellschaft ist es damit innerhalb kurzer Zeit heraus.

Eine gesetzliche Bestimmung, in welcher Form mögliche nachträgliche Änderungen in dem privatschriftlichen Protokoll der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft erfolgen können, existiert nicht.

Ist ein Beschluß des Hauptversammlungsprotokolls nicht notariell beurkundet, gibt es auch keine Amtsperson, die eine entsprechende Änderung entsprechend § 44 a BeurkG vornehmen kann. Allenfalls kann eine nachträgliche Änderung der Niederschrift durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrates erfolgen. Dieser ist aber anders als der Notar keine neutrale Person, sondern Organ der Gesellschaft.

Dennoch ist der Wille des Gesetzgebers zu beachten, wonach eine Angleichung der Vorschriften der Aktiengesellschaft an diejenigen der GmbH gewollt ist. § 48 GmbHG sieht das Erfordernis der Aufnahme einer Niederschrift über die Gesellschafterversammlung lediglich in besonderen Ausnahmefällen vor. Dementsprechend sind die Anforderungen an das Protokoll einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft geringer als an dasjenige einer börsennotierten Aktiengesellschaft. Besteht mithin die Möglichkeit, das Protokoll der Hauptversammlung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf gesetzlicher Grundlage gem. § 44 a BeurkG zu berichtigen, dürfte eine analoge Anwendung des § 44 a BeurkG trotz des Fehlens einer gesetzlichen Regelung mit der Maßgabe gerechtfertigt sein, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats berechtigt sein muß, offenbare Unrichtigkeiten des Hauptversammlungsprotokolls zu berichtigen.

Einzelheiten müssen mit dem jeweiligen Registergericht geklärt werden, so lange gesetzliche Regelungen oder Rechtsprechung zu dieser Frage fehlen (der gesamte Aufsatz des Verfassers ist veröffentlicht in Die Aktiengesellschaft 2001, S. 645 ff.)

Ansprechpartner: 
Rechtsanwalt Hans-Benno Schrick, Hamm