Bau- und Architektenrecht

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Forum: Bau- und Architektenrecht

30.06.2005
Baurecht: Umkehr der Umsatzsteuerschuld bei Bauleistungen

Auf Grundlage der Änderung des § 13 b UStG erfolgte eine Umkehr der Umsatzsteuerschuld bei Bauleistungen, d.h. seit dem 01.04.2004 bereits ist der Auftraggeber von Bauleistungen verpflichtet, die Umsatzsteuer des Auftragnehmers an das Finanzamt abzuführen.

Nach der bisherigen Regelung, die noch immer für sonstige Leistungsaustausche Gültigkeit entfaltet, die nicht Bauleistungen sind, konnte der Auftraggeber dem Auftragnehmer die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer auszahlen und diese sodann als Vorsteuer im Rahmen seiner eigenen Umsatzsteuererklärung von seiner Umsatzsteuerschuld in Abzug bringen. Aufgrund des gerade im Baubereich in erheblichem Maße aufgetretenen Missbrauchs in Form von so genannten "Umsatzsteuerkarussellen" hat der Gesetzgeber nun dem Auftraggeber die unmittelbare Abführung der Umsatzsteuer an die Finanzverwaltung auferlegt. Damit ist der Missbrauch eingedämmt worden.

In der Praxis hat jetzt der Unternehmer dem Auftraggeber die Bauleistungen ohne Umsatzsteuer, also "netto" in Rechnung zu stellen. Der Auftraggeber hat die sich aus dem Rechnungsbetrag als Bemessungsgrundlage errechnende Umsatzsteuer sodann im Monat der Ausstellung der Rechnung, spätestens mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Monats abzuführen.

Voraussetzungen der Anwendbarkeit der Regelung sind:

- es handelt sich bei der in Auftrag gegebenen Leistung um Werklieferungen oder sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen,
- der unternehmerisch tätige Auftraggeber erbringt ebenfalls die o.g. Leistungen,
 
Führt der Auftragnehmer die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger nicht ab oder meldet er sie nicht an, so macht er sich strafrechtlich zumindest einer leichtfertigen Steuerhinterziehung schuldig.

Stellt der Auftragnehmer die Umsatzsteuer trotz der genannten Regelung in Rechnung und zahlt der Auftraggeber diese versehentlich an den Werkunternehmer aus, so ist er trotzdem verpflichtet, in der oben geschilderten Weise vorzugehen und die Umsatzsteuer abzuführen. Er zahlt folglich dann doppelt.

Die Regelung gilt nicht für kaufvertraglichen Leistungsaustausch. D.h. für viele Auftragnehmer wird die Regelung zu einem finanziellen Problem:

Muss der Auftragnehmer zur Ausführung seines Auftrages Materialien einkaufen, so ist er gezwungen, die in den Materialrechnungen enthaltene Umsatzsteuer an den Lieferanten auszuzahlen. Er erhält jedoch wegen der o.g. Regelung selbst die Umsatzsteuer von seinem Auftraggeber nicht ausgezahlt, sondern muss sie sich im Wege der Vorsteueranmeldung beim Finanzamt zurückholen. Bei der bekannt nicht sehr beschleunigten Bearbeitung der Finanzbehörden ist er damit gezwungen, die Umsatzsteuer aus seinen Materiallieferungen über einen Zeitraum zwischen zu finanzieren, wozu insbesondere Handwerksbetriebe vielfach nicht in der Lage sein werden.

Die Regelung des § 48 b EKStG, wonach der Auftraggeber pauschal 15 % der Bruttoauftragssumme an die Finanzverwaltung abzuführen hat, wenn der Auftragnehmer keine Freistellungserklärung der Finanzverwaltung vorlegt (siehe anderweitigen Beitrag), gilt parallel, d.h. die Vorlage der Freistellungserklärung nach § 48 b EKStG befreit den Auftraggeber nicht davon die Umsatzsteuer nach der oben genannten Regelung abzuführen.

Allen Auftraggebern von Bauleistungen, die nicht Privatpersonen sind, sei wegen der Regelung zur äußersten Vorsicht geraten.